Zur Schecter PT Pro in „Trans Blue Burst“
Vorweg zur Ästhetik, die natürlich reine Geschmackssache ist, mich aber doch heftig stört: Ich mag Wölkchenahorn, „Burst“-Farben und ähnliche „Luxusfinishes“ überhaupt nicht an Gitarren, das sieht für mich immer nach „neureichem Wohnzimmermöbel“ aus, nicht nach einem Arbeitsgerät. Meine Musikinstrumente sind Werkzeuge, keine Gemälde. Bei dieser Gitarre wäre mir derselbe diskrete Look wie auf ihrer Korpusrückseite (siehe Fotos in der Artikelbeschreibung) auch auf ihrer Korpusvorderseite sehr viel lieber gewesen, vielleicht foliere ich sie noch, mal sehen (ja, schreit ruhig auf, ist mir egal :-) ). Des weiteren sieht der Hals dieser Gitarre für Ahorn ungewohnt dunkel aus, was an der Röstung liegt, das muß man auch mögen (ich mag's nicht).
Warum hab ich diese Gitarre denn dann gekauft (und sie übrigens vorher im Laden von Thomann ausprobiert, also nicht blind gekauft)? Weil mir Sound und Robustheit über Aussehen gehen und ich eine Profigitarre in Telecasterform für die Bühne brauche (billige und mittelmäßige hab ich schon genug). Und zwar eine mit splitbaren Alnico-Tonabnehmern bester Qualität, wofür Schecter seit Jahrzehnten bekannt ist.
Genau das liefert diese Gitarre, ihre Verarbeitung ist ab Fabrik in jeder Hinsicht perfekt, „flawless“ sagt man dazu wohl: kein noch so kleiner Finishfehler, perfekt abrichtete und polierte Bünde, perfekt eingepaßter Hals, und Sattel, Steg und der Rest der Hardware sind ebenfalls perfekt. Ihr Sound hat sogar im Humbuckermodus extrem viel Twang (fast schon zu viel, vielleicht durch den Edelstahl der Stegreiter) und Attack, dazu Power wie eine Les Paul und Biß wie eine Dean, und auch noch ein enormes Sustain, eine Kombination, die ich so noch bei keiner anderen Gitarre gehört habe, und die mir sehr gefällt. Auch die Splitsounds sind ausgezeichnet und tatsächlich ziemlich telecasterähnlich, was die Gitarre sehr vielseitig macht, und genau das brauche ich. Zudem sind die Tonabnehmer durch die doppelte Reihe Polepieces sehr präzise einstellbar und an die Saiten anpaßbar (ich spiele D'Addario, nicht die mitgelieferten Ernie Ball, die ziemlich anders klingen). Kurz, diese Gitarre ist eindeutig von professioneller Qualität (und würde bei so manchem anderen Hersteller bestimmt das doppelte kosten...). Der Ton- und der Lautstärkeregler sowie der Tonabnehmerumschalter sind ebenfalls effizient und präzise zu bedienen, der Splitschalter ebenfalls, so sollte das sein. Das alles ist sehr gut gemacht von Schecter.
Das einzige, was mir an der gelieferten Hardware nicht so gefällt, sind die No-name-Stimmechaniken: sie halten zwar gut die Stimmung, aber ein Satz feiner dosierbarer Mechaniken, z.B. von Grover, wären meines Erachtens dem Niveau der Gitarre angemessener gewesen, dafür ziehe ich einen Punkt ab. Ich werde sie austauschen (und zwar gegen non-locking, weil ich Lockingmechaniken auf Gitarren ohne Vibrato für überflüssigen Unfug halte). Und ich habe auch die sehr scharfen Kanten der Stegreiter aus Edelstahl leicht mit feinem Schleifpapier angeschliffen um das Auflegen meiner rechten Hand angenehmer zu machen, das ist aber ein persönliches Detail.
Ich muß allerdings auch sagen, daß ich mit meinem Exemplar dieser Gitarre einige Schwierigkeiten beim Einstellen der Saitenlage und der Oktavreinheit gehabt habe, weil es offenbar ein paar Monate in einem Container oder Lager zugebracht hat (vielleicht ist das der weltweiten Viruspsychose geschuldet, wofür natürlich weder Schecter noch Thomann etwas können): Die gesamte schwarze Hardware war durch irgendetwas matt beschlagen (sogar die Stringtrees quietschten) und mußte erst einmal poliert werden, und die Schrauben der Edelstahlstegreiter klemmten ziemlich, bevor ich sanft mit etwas Rostlöser (aufs Gewinde aufgetupft) nachgeholfen habe. Der Halsstab sitzt auch sehr fest, was im Prinzip zwar gut ist, aber eine genaue Einstellung zu einem Geduldsspiel macht. Ich komme damit zwar klar, rate aber Leuten, die sich damit nicht so auskennen, dazu, diese Einstellarbeiten von einem Profi (Gitarrenbauer) vornehmen zu lassen. Bei einem Instrument dieser Qualität und Preisklasse lohnt sich diese Investition, um eine optimale Bespielbarkeit zu erreichen.
Würde ich wieder eine Gitarre von Schecter kaufen? Ja, auf jeden Fall, denn deren Preisleistungsverhältnis ist bei allen Modellen sensationell gut. Übrigens, ein Tip an Thomann: Ihr könnt ruhig mehr von Schecter ins Programm nehmen, die machen nämlich viel mehr als nur Metal-Gitarren.