Obwohl ich im Laufe der Jahre unzählige Instrumente bei Thomann gekauft habe, hat mich der Reiz eines Rabattgutscheins endlich dazu gebracht, meine allererste Bewertung zu schreiben.
Verpackung & erster Eindruck –
Ich hatte Glück und erhielt die 70th Anniversary Edition! In der Box befand sich ein hochwertiges Gigbag – mit Schutz an Ober- und Unterseite, innen und außen gepolstert, einem geschmeidigen Reißverschluss und edlem Innenfutter. Als ich die Gitarre zum ersten Mal in der Hand hielt, spürte ich direkt ein angenehmes Gewicht – fast so, als hielte ich zum ersten Mal eine echte „Standard“ in der Hand. Genau aus diesem Grund habe ich mich für das Standard-Modell entschieden: Ich wollte eine digitale Gitarre, die sich in jeder Hinsicht wie eine echte anfühlt.
Software & Plattform –
Ich habe sie mit dem USB-C-Kabel an mein M1 MacBook angeschlossen, und nach dem Download der passenden Software wurde sie schnell erkannt – aber dann begannen die Probleme. Die Gitarre ließ sich aufgrund eines leeren Akkus nicht einschalten. Auch nach drei Stunden Ladezeit startete sie nicht richtig. Erst nachdem ich sie über Nacht angeschlossen ließ, konnte ich sie endlich hochfahren, die Firmware aktualisieren und mit dem Spielen beginnen.
Die Installation und Einrichtung war dabei etwas verwirrend. Als Erstnutzer wusste ich nicht, warum das Gerät beim Starten hängen blieb, wie lange es geladen werden musste oder wie viel Zeit das Update in Anspruch nehmen würde. Das hat anfangs für einige Unsicherheit gesorgt. Eine klarere Schnellstart-Anleitung oder ein Hinweis im Karton wären hier sehr hilfreich gewesen.
Dann kam die Überraschung.
Sobald alles eingerichtet war, hat mich der Sound umgehauen. Von Streicherklängen über klassische Gitarrensounds bis hin zu Effekten – jedes Preset klang professionell und hochwertig. Auch die Stimmsoftware war sehr intuitiv, sodass ich schnell die Standardstimmung erreicht habe. Für Klang und Software vergebe ich volle Punktzahl.
Verarbeitungsqualität –
Die Verarbeitung entsprach voll meinen Erwartungen. Der Lack war sauber aufgetragen, Tonabnehmer und Steg wirkten hochwertig montiert, und der Hals fühlte sich stabil und gut gefertigt an.
Ein paar Dinge sind mir dennoch aufgefallen:
1. Der Hals ist ziemlich breit – breiter als bei meiner Fender Telecaster ’62, eher vergleichbar mit einem Gibson-Hals als mit einem Ibanez.
2. Das Setup ab Werk war mittelmäßig. Die Saitenlage war mir zu hoch, also musste ich Halsspannung und Steg mehrfach anpassen, um sie auf ca. 1–1,5 mm zu bringen. Das führte zu leichtem Schnarren – man muss also sorgfältig einstellen, um die perfekte Bespielbarkeit zu erreichen.
3. Die dritte Saite bereitete Probleme beim Aufziehen. Es lag nicht am Mechanik, sondern daran, dass die werkseitige Saite zu kurz abgeschnitten war. Ich habe viel Zeit verloren, um sie wieder aufzuziehen. Eine etwas längere Saite ab Werk wäre besser gewesen.
Features & Preis-Leistung –
Mit einem Preis von 1299 € ist diese Gitarre definitiv kein Schnäppchen. Aber was macht sie diesen Preis wert?
Ich denke, alle Käufer dieser Gitarre interessieren sich vor allem für ihre starken MIDI-Fähigkeiten – und in dieser Hinsicht liefert sie wirklich ab. Ob per Kabel oder Bluetooth – ich hatte auf meinem Mac praktisch keine Latenz, selbst ohne Audiointerface. Die Verbindung war nahtlos, und ich konnte sie direkt mit meinen Software-Instrumenten verwenden.
Allein dafür sind die 1299 € gerechtfertigt.
Auch in Sachen Spielgefühl hat sie mich überzeugt: Bendings, schnelles Picking, Tapping, Sweeps und alternative Tunings – alles kein Problem. Sie übertraf meine Erwartungen, was den Preis erneut rechtfertigt.
Wenn du sie als MIDI-Instrument verwendest, bekommst du großartige Leistung und ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Wenn du jedoch nur eine traditionelle Gitarre mit analogem Ausgang suchst, gibt es in dieser Preisklasse viele Alternativen. In dieser Hinsicht ist sie kein repräsentatives „klassisches“ Modell.
Doch die Zeit schreitet voran. Technik verwandelt das Unmögliche in greifbare Realität, und Träume werden zu echten Werkzeugen. Jetzt steht sie bei mir direkt neben der legendären Casio DG-20, dem Urvater der Digitalgitarren – und ich bin beeindruckt, wie weit wir in fast 40 Jahren gekommen sind.
Fazit –
Sie liefert authentisches Spielgefühl und Materialanmutung.
Als MIDI-Instrument: brillant und überraschend.
Als normale analoge Gitarre: solide, aber nicht herausragend – es gibt Alternativen.
Doch weder ein rationales Budget noch ein verrücktes Erlebnis können den Fortschritt der Zeit aufhalten – und diese Gitarre ist ein echter Meilenstein.
