Die Bewertung von Cellosaiten ist natürlich Geschmackssache. Ich persönlich suche einen sehr modernen Klang, den man am ehesten als rau, metallisch, harsch, hart, scharf und stark obertonreich beschreiben kann – und genau dieses Ergebnis habe ich mit Thomastik Superflexible Heavy auf all meinen Celli zuverlässig erreicht.
Umso schlimmer ist es aus meiner Sicht, dass Thomastik diesen Satz offenbar einstellen möchte – oder das bereits getan hat. Über die Gründe kann man nur spekulieren, aber als Kunde wirkt es leider so, als solle der Fokus stattdessen auf deutlich teurere Saiten gelenkt werden (oft um 300–350€!), die klanglich für meinen Zweck nicht ansatzweise denselben Grad an Schärfe/Brillanz liefern. Das ist eine echte Katastrophe, wenn man genau diesen obertonreichen, scharfen Sound braucht – zumal es keinen preislich und qualitativ ebenbürtigen Ersatz gibt, obwohl es für Thomastik vermutlich ein Leichtes wäre, diese Saiten weiter zu produzieren. Wenn Superflexible-Saiten eingestellt werden, dann weiß ich nicht mehr weiter, welchen Satz ich stattdessen spielen kann, der qualitativ mindestens gleich gut ist.
Ich habe sehr viele Saitensätze ausprobiert – von großen und kleinen Herstellern, Synthetik und Stahl – und nichts toppt die (leicht metallische) Schärfe dieses Satzes. Am ehesten kommt noch Warchal Bright in die Nähe, allerdings sind diese bei mir überhaupt nicht stimmstabil: ca. 3 Tage "Break-in", und in dieser sehr langen Spielzeit musste ich (ohne Übertreibung) permanent in Summe ca. zwei Oktaven nachstimmen, bis es endlich stabil war. Das ist natürlich dann ein No-Go, wenn live eine Saite reißt und man flugs eine Neue aufziehen muss. Ganz anders Superflexible Heavy: deutlich schärfer und sofort erstaunlich stimmstabil. Wenn live eine Saite reißt, ist das für mich entscheidend: neue Superflexible drauf, fast sofort stabil; nach einem Titel einmal nachstimmen und am nächsten Tag nochmal – fertig. Ich spiele sehr viel outdoor und habe dadurch oft extreme Luftfeuchtigkeits- und Wetterschwankungen; auch hier bleiben die Superflexible bei mir bemerkenswert stabil.
Natürlich muss man – je nach Spielpensum – irgendwann wechseln, weil der Glanz mit der Zeit nachlässt. Für rund 100€ finde ich das Preis-Leistungs-Verhältnis der Superflexible-Saiten fair. Wer allerdings primär "Wärme" sucht, ist hier falsch: Dieser Satz liefert (zumindest auf meinen Instrumenten) einen sehr solistischen, präsenten Klang und ich würde mich mal weit aus dem Fenster lehnen und behaupten, dass es auch für andere Celli gilt. Für mich gibt es in dieser Richtung keine besseren Saiten.
Wichtig: Superflexible Medium ist für mich deutlich weniger gut. Ja, die Ansprache ist bei "Medium" besser, aber der Ton ist etwas weniger brillant und weniger scharf, vor allem weniger kräftig – "Medium" ist kein adäquater Ersatz für "Heavy". Weder andere Thomastik-Saiten (Dominant, Dominant Pro, Versum Solo, Spirocore, etc.) noch Sätze von Larsen, Pirastro, Warchal und Co. erreichen die gleiche Schärfe wie exakt dieser Heavy-Satz. Zusätzlich (subjektiv, aber für mich relevant): Superflexible fühlt sich an der linken Hand deutlich angenehmer an als z. B. Warchal Bright.
Gerade für experimentelle und filigrane Spielweisen ist diese Schärfe für mich ideal – insbesondere in Kombination mit Tonabnehmern, die oft einen frühen Höhen-Roll-off haben. Das lässt sich mit EQ allein nicht wirklich "reparieren"; die Saitenwahl ist ein entscheidender Teil des Sounds.